Интервью для Aargauer Zeitung

ElenaPress

Patricia Kaas über ihr neues Album: «Die Piaf war viel extremer als ich»

Die Popstar-Chansonette widmet ihre neue CD der legendären Edith Piaf. Nicht eine Kopie, sondern ihre eigene Interpretation von Piafs Lieder. Im Interview spricht sie über ihre Autobiografie, ihr Leben in Frankreich und ihre bevorstehende Tournee.

Sie wurden oft mit Edith Piaf verglichen. Warum beschäftigen Sie sich gerade jetzt mit ihr?

Patricia Kaas: Das ist eine Hommage. 2013 jährt sich der 50. Todestag von Edith Piaf. Man hat mich gefragt, ob ich den Mut hätte, einen ganzen Abend nur ihre Lieder zu singen. Zwei Dinge waren für mich wichtig: Es musste primär ein Bühnenprojekt werden und ich wollte die Piaf nicht kopieren, sondern ihre Chansons auf meine Weise interpretieren.

Welche Lieder der Piaf haben für Sie eine besondere Bedeutung?

«T’es beau tu sais» ist ein Lied, das ich entdeckt habe, als ich die 430 Lieder von Piaf durchgehört habe, aber auch «La belle histoire d’amour» und «Avec le soleil» haben wunderschöne Texte. «La vie en rose» kannte ich natürlich schon lange, aber ich liebe unser Arrangement.

Sie haben die CD mit dem Royal Philharmonic Orchestra in London aufgenommen. Wären intime Arrangements für Sie eine Alternative gewesen?

Nein, ich dachte bei den Bildern von Piaf, die vor meinen Augen auftauchten, gleich an Filmmusik. Da sie auch Theater gespielt hat, wollte ich die Lieder theatralisch auf die Bühne bringen. Bei «La belle histoire d’amour» zum Beispiel versuche ich zu spielen, was die Piaf gefühlt hat, als sie die Nachricht vom Unfalltod ihrer grossen Liebe, dem Boxer Cerdan, bekommen hat.

Wie viel der Orchester-Arrangements wird auf der Tournee reproduzierbar sein?

Da es nicht finanzierbar ist, mit einem 90-köpfigen Orchester unterwegs zu sein, wird ein Grossteil mittels Computer eingespielt. Drei Musiker werden mit mir auf der Bühne sein und live spielen: ein Akkordeonist, ein Pianist und ein Violinist.

Wie gut muss man das Leben der Piaf kennen, um ihre Lieder interpretieren zu können?

Natürlich ist es ein Vorteil, wenn man viel über sie weiss. Als ich recherchierte, habe auch ich neue, weniger bekannte Seiten an ihr entdeckt, etwa ihre Lebensfreude und dass sie gerne scherzte. Sie war nicht nur die zierliche Person in Schwarz, immer traurig und dramatisch. Mir fiel auch auf, dass sie viel positive Energie in Lieder steckte, die kein glückliches Ende nehmen, als ob sie ausdrücken wollte: Egal, was geschieht, das Leben geht weiter!

Hätten Sie diese Platte schon früher überzeugend machen können?

Piaf zu singen ist eines, aber sie zu interpretieren, ist etwas anderes. Ich behaupte nicht, dass man mit 20 nicht Piaf singen kann, aber wenn man etwas Lebenserfahrung hat und weiss, was Schmerz ist, was es bedeutet, jemanden zu verlieren, den man liebt, enttäuscht zu werden, nährt das diese Lieder. Ich brauche nicht über diese Gefühle nachzudenken. Das Schreiben meiner Autobiografie war für mich wie eine Therapie.

Sie sind darin sehr offen, sprechen über Enttäuschungen und sogar Abtreibungen.

Als ich mit dem Buch begann, war mir klar, dass ich mehr geben muss, als nur über Tourneen und Verkaufszahlen zu erzählen. Am Ende hatte ich 50 Stunden mit einer Journalistin gesprochen und 200 Stunden in die Autobiografie investiert. Der deutsche Titel «Mademoiselle singt den Blues» gefällt mir nicht, der französische «L’ombre de ma voix» ist besser, denn «Der Schatten meiner Stimme» erklärt, woher mein rauer, emotionaler Gesang kommt – von meinen Verletzungen.

Die Grenze, was Sie von sich preisgeben und was nicht, war bestimmt nicht einfach zu ziehen.

Nein, ein Journalist drückt meistens ein bisschen zu viel aufs Dramatische, während es mir wichtig war, dass man spürt, dass diese Autobiografie auch mit einer gewissen Scham geschrieben wurde. Ich bin durch meine schwereren Erfahrungen als Künstlerin zwar gewachsen, aber ich habe in diesem Buch nicht alles auf den Tisch gelegt. Ich bin da anders als die Piaf – sie war in allem viel extremer, wie sie lebte und was sie sang. Mich bremst in manchen Situationen meine deutsche Disziplin.

Sie erzählen von Einsamkeit. Hat Sie mit dem Erfolg zugenommen?

Nein, aber man muss aufpassen, dass man sie nicht sucht und sich abkapselt. Das Umfeld ist deshalb wichtig. Ich habe das Glück, dass ich meine besten Freunde in meinem Team habe. Sie geben mir auch, wenn ich nicht auf der Bühne stehe, das Gefühl, aufgehoben zu sein.

Sie schreiben, dass Ihnen die Liebe zur Musik letztlich immer wichtiger war als zu Männern. Bedauern Sie das manchmal?

Die Männer sind doch präsent. Ich habe schöne Geschichten gelebt. Vielleicht ist es für einen Mann schwierig, seinen Platz im Leben einer selbstständigen Frau zu finden, die dauernd unterwegs ist. Oder ich hatte mich bisher selbst noch nicht genügend gemocht, um richtig lieben zu können. Mal sehen, die Autobiografie hat viel verändert. Seither hatte ich aber noch keine richtige Beziehung.

Was ist seit Ihrem Umzug von Zürich nach Avignon anders?

Ich lebe immer noch hauptsächlich in Paris. Momentan bin ich aber so in Piaf vertieft, dass ich gar kein Privatleben mehr habe. In meinem Haus in Avignon bin ich nicht öfter als ich früher in meiner Wohnung in Zürich. Da es im Süden von Frankreich liegt, finde ich jedoch leichter Freunde, die Lust haben, mich dort zu besuchen. An mir selbst beobachte ich jedenfalls, dass mein Bedürfnis nach blauem Himmel und warmen Temperaturen mit dem Alter wächst …

In den nächsten Monaten gehen Sie auf Tour. Wie setzen Sie «Kaas chante Piaf» optisch um?

Bei mir sollen die Strassen der 30er-, 40er- und 50er-Jahre einen zeitgenössischeren und urbanen Anstrich bekommen. Ein Tänzer vermischt Hip-Hop und Pantomime oder das Beten wird in mehrfarbiges Licht gehüllt. Die Kostüme halte ich einfach, aber nicht in Schwarz. Ich habe zwar dasselbe Kleid wie die Piaf, aber in Hautfarbe. Ich bin auch oft barfuss. All ihre Besonderheiten sind präsent, aber nie alle auf einmal. Und der letzte Satz gehört ihr, denn die Show ist meine Hommage an sie.

Patricia Kaas: Kaas chante Piaf, Musikvertrieb. Live: 25.11. Genf Victoria Hall, 9.2. Montreux Auditorium Stravinski, 15.2. Luzern KKL, 16.2. Zürich Kongresshaus.

Источник:
Aargauer Zeitung